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In Hochheim geboren

Wiesbadener Kurier, 24. Dezember 2015, www.wiesbadener-kurier.de 

HOCHHEIM/MAIN - Waschechte Hochheimer werden immer seltener. Als Wohnort haben zwar, Folge von Zuzügen und Neubaugebieten, immer mehr Menschen die Wein- und Sektstadt in Personalausweis und Pass stehen, als Geburtsort ist die Kommune dagegen ein aussterbendes Modell. Das Krankenhaus ist seit Jahrzehnten geschlossen, die Hausgeburt eine seltene Ausnahme. Für 2014 etwa hat das Hochheimer Standesamt keine einzige Geburt auf dem Gebiet der Kommune vermerkt. In 2015 könnte das anders aussehen, vorausgesetzt das Mainzer Standesamt macht seine Arbeit. Doch dazu später.

eckert geburt hochheim

von Jens Etzelsberger

Sarah ist gesund

An dem Umstand, dass im November 2015 ein Kind in den Mauern der Stadt geboren wurde, besteht kein Zweifel. Neben Mutter und Vater kann dies auch Franz-Josef Eckert bestätigen, Bereitschaftsleiter und Rettungsassistent vom Flörsheimer DRK, der dem jungen Mädchen auf die Welt half. Der formale Ablauf ist in den Akten des Rettungsdienstes penibel verzeichnet. Alarmierung an einem Sonntag um 18.34 Uhr in der Flörsheimer Wache, Abfahrt um 18.36 Uhr, Ankunft in der Danziger Allee um 18.43 Uhr. Die hochschwangere Mutter und der Vater stehen schon am Straßenrand bereit, als der Rettungswagen vorfährt. „Der Kopf kommt“, sagt die Mutter, als Franz-Josef Eckert und Janine Hofmann aussteigen. Keine Zeit, um noch ins Krankenhaus zu fahren und auch nicht, um noch in die einige Meter entfernte Wohnung im Erdgeschoss des Mehrfamilienhauses zu gelangen. Also rein in den Rettungswagen mit der Mutter. Für den Vater ist dort kein Platz. Ein Grund, warum Franz-Josef Eckert Geburten im Rettungswagen nicht sonderlich mag – es ist einfach sehr eng. Trotzdem geht alles glatt. Das Mädchen kommt gesund und rosig zur Welt. Um 18.48 Uhr wird die Nabelschnur mit einem sterilen Skalpell durchtrennt, der Schleim aus Nase und Rachen abgesaugt. Der Apgar-Wert, ein Punkteschema zur Beurteilung des Gesundheitszustandes von Neugeborenen, ergibt drei Mal den Höchstwert zehn. Sarah, so heißt das Mädchen, ist pumperlgsund.

Urkunde aus Mainz

Danach geht es mit dem Rettungswagen in die Mainzer Uniklinik, wo Mutter und Tochter weiter versorgt werden. Das Mainzer Standesamt ist damit auch für die Beurkundung der Geburt zuständig. Wird die Personenstandsverordnung dabei genau beachtet (siehe Info-Kasten), führt am Geburtsort Hochheim aber kein Weg vorbei. Denn zweifelsfrei hat das Mädchen auf Hochheimer Gemarkung das Licht der Welt erblickt.

Franz-Josef Eckert ist froh, dass alles gut gegangen ist. Zwar ist eine Geburt ein milliardenfach erprobter Vorgang, für den erfahrenen Rot-Kreuz-Mann aber immer noch etwas ganz Besonderes. In den mehr als 40 Jahren, in denen er Einsätze fährt, ist er zwar zigtausendmal ausgerückt, hat hunderte von Toten sehen müssen, aber nur um die 20 Geburten betreut, die wenigsten davon in einem Rettungswagen. „Eine Geburt ist immer eine ganz besondere Sache“, sagt Eckert im Gespräch mit dieser Zeitung. Auch innerhalb der Rettungsbranche habe man vor Geburten einen Riesenrespekt. „Herzinfarkt und Schlaganfall sind unser tägliches Geschäft, aber Geburten sind für uns extrem selten.“ Entsprechend groß ist die Anspannung. Denn hier geht es darum, einem Menschen ins Leben zu helfen, der im Idealfall noch viele Jahrzehnte vor sich hat. Wenn da alles gut läuft, ist die Erleichterung besonders groß, sagt Franz-Josef Eckert.

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