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Neuartige Geräte verbessern die Notfallbehandlung

Rüsselsheimer Echo 13. März 2010, www.echo-online.dehk echo

Medizin: Standardisierte Traumaversorgung und neue Geräte verändern die Arbeit von Notärzten und Sanitätern

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Der Luftröhrentubus (links) muss mit Hilfe eines Laryngoskopes platziert werden. Der einfacher zu
handhabende Larynx-Tubus (rechts) wird in die Speiseröhre eingeführt. Theresa Kuhlmann vom DRK
Flörsheim hat sich bei dem interdisziplinären Wiesbadener Kongress über aktuelle Entwicklungen in
der Notfallmedizin informiert.
Foto: Jens Etzelsberger

Es ist meist nicht viel Zeit, die bei einem medizinischen Notfall bis zur Einlieferung ins Krankenhaus vergeht. Sehr wenig Zeit sogar, verglichen mit der oft wochenlangen Behandlungs- und Genesungsdauer in der Klinik. Dennoch sind die Minuten bis der Patient in die Klinik kommt, oft entscheidend. Dabei geht es nicht nur um die Geschwindigkeit, mit der ein Hospital erreicht wird, sondern auch um die Qualität der Notfallbehandlung. Sie entscheidet mit darüber, in welchem Zustand der Patient im Krankenhaus aufgenommen wird und hat damit größten Einfluss auf Überlebensrate und Genesungsverlauf.
Und so, wie der medizinische Fortschritt in den Kliniken voranschreitet, bleibt auch die Notfallmedizin nicht stehen. In Wiesbaden trafen sich unlängst hunderte von Notärzten, Rettungsassistenten und Sanitätern aus ganz Deutschland zu einem mehrtägigen interdisziplinären Notfallkongress. Für das Flörsheimer DRK nahm Bereitschaftsleiterin Theresa Kuhlmann an dem Kongress teil. Sie kam mit einer Reihe neuer Erkenntnisse zurück.

Eine schon begonnene Entwicklung im Bereich der Notfallbeatmung scheint sich dabei weiter machtvoll fortzusetzen: Der Ersatz der bisher gängigen Intubation durch einen so genannten Larynx-Tubus. Bisher wurde dem Patienten zur Notfallbeatmung ein Tubus zwischen den Stimmbändern hindurch in die Luftröhre eingeführt. Die richtige Platzierung des Tubus in der Luftröhre ist dabei eine diffizile Sache. Anatomische Besonderheiten oder stark übergewichtige Patienten sowie eine instabile Lagerung am Unfallort erschweren das Einführen des Tubus in die Luftröhre. Der größte Fehler, der dabei passieren kann, ist das versehentliche Einführen des Plastikschlauches in die Speiseröhre. Die lebensnotwendige Luft wird dann in den Magen statt in die Lunge gepresst. Wird der Fehler nicht rechtzeitig bemerkt, kann er tödliche Folgen haben.

Ein Weg, auch unter schwierigen Bedingungen eine korrekt arbeitende Beatmung sicherzustellen, ist die Verwendung eines so genannten Larynx-Tubus, der verstärkt Eingang in die Notfallmedizin findet. Dieser Tubus wird statt in die Luftröhre in die Speiseröhre eingeführt, was aufgrund der menschlichen Anatomie viel einfacher ist und auch unter schwierigsten Bedingungen gelingt.

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Die Beatmung im Notfall erlebt derzeit eine Veränderung. Statt der komplizierten Intubierung in die Luftröhre werden vermehrt Tuben eingesetzt, die in die viel
einfacher erreichbare Speiseröhre eingeführt werden. Ein Ballonsystem stellt sicher, dass die Atemluft dennoch in die Lunge gelangt.
Foto: DRK

Über zwei aufblasbare Ballons werden dann die Speiseröhre am unteren Ende und der Rachen des Patienten am oberen Ende des Tubus verschlossen. Zwischen beiden Ballons ist der Tubus gelocht. Die durch diese Löcher eingepresste Luft hat nun nur einen Weg - durch die Luftröhre in die Lunge. Andere Wege, Speiseröhre und Rachenraum, sind durch die Ballons verschlossen. Was dem System zur perfekten Lösung noch fehlt, ist einzig der Nachweis, dass durch die Ballons hundertprozentig verhindert wird, dass Mageninhalt beim Erbrechen in Luftröhre und Lunge gelangt. Entsprechende Studien aus Frankfurt, die die Zuverlässigkeit auch in diesen Fällen belegen sollen, seien bisher aber sehr vielversprechend verlaufen, sagt Theresa Kuhlmann.
Vielversprechend findet die Bereitschaftsleiterin auch neue Ansätze in der Traumaversorgung von Notfallpatienten. Ein Thema, das auf dem Kongress großen Raum eingenommen hat. Mit der Schematisierung der Behandlung nach dem Vorbild der USA soll einerseits sichergestellt werden, dass bei einer Vielzahl von Verletzungen die lebensbedrohlichsten zuerst behandelt werden. Vereinfacht gesprochen: Niemand soll eine blutende Wunde verbinden, so lange der Patient nicht atmet. Darüber hinaus soll die Übergabe des Patienten in die Klinik vereinfacht werden. Bei dem ATLS (Advanced Trauma Life support) genannten System werden nacheinander fünf Kategorien, benannt nach den ersten fünf Buchstaben des Alphabetes, abgearbeitet. Kontrolliert und gegebenenfalls gesichert und behandelt werden die Atemwege, die Atmungsfunktion, Kreislauffunktionen, Blutdruck und neurologischer Status. Danach findet eine Gesamtschau des Patienten in entkleidetem Zustand statt. Für die Übergabe in der Klinik bedeutet dies, dass Notärzte und Rettungsassistenten schon bei der Anfahrt kurz und prägnant die festgestellten Probleme schildern können. ,,A und B sind okay, wir haben ein C-Problem", könnte eine solche knappe Ankündigung lauten, die die Klinik dann in die Lage versetzt, ihren Schockraum entsprechend vorzubereiten. In Kliniken, die ihre Traumaversorgung diesem Schema angepasst haben, stehen dann für die einzelnen Bereiche eigens zusammengestellte Material- und Medikamentensätze zur Verfügung.

Neue Medizintechnik, die bei der Tagung ebenfalls vorgestellt wurde, verlegt wesentliche Teile der apparativen Diagnostik in den vorklinischen Bereich. So etwa mit einem handlichen Ultraschallgerät, mit dem schon am Unfallort innerhalb von einer Minute festgestellt werden kann, ob der Patient innere Blutungen hat.

Aber auch bei der klassischen manuellen Herz-Lungen-Wiederbelebung gibt es noch Neues. Eine Sensormatte, die über den Brustkorb des Patienten gelegt wird, gibt Auskunft darüber, ob die Herzdruckmassage mit der richtigen Frequenz und der nötigen Eindrücktiefe geschieht. Selbst erfahrene Retter könnten mit diesem System die Qualität ihrer Hilfe erheblich steigern, sagt Theresa Kuhlmann.

Manchmal dauert es allerdings lange, bis neue Methoden und Erkenntnisse sich auch im Rettungsalltag wiederfinden.

Eine Ausnahme bildet dabei die Erkenntnis, dass Reanimationspatienten, deren Körpertemperatur frühzeitig gesenkt wurde, eine höhere Überlebensrate und weniger Spätschäden aufweisen. ,,Das ist vor rund zwei Jahren gekommen und hat sich sofort durchgesetzt", berichtet Theresa Kuhlmann. Der kollabierte Mitarbeiter eines Supermarktes wurde so schon in Tiefkühlpizzen gepackt und wenn im Winter ein Rettungswagen mit offenem Fenster unterwegs ist, hat kein sadistischer Sanitäter Dienst, sondern ein Retter, der zum Wohle des Patienten mitfriert.

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