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Immer mehr Mädchen beim Koma-Saufen

Höchster Kreisblatt, 24. Februar 2009, www.rhein-main.nethk

Flörsheim. Nach dem Umzug kamen die Sirenen. Noch bis in die späten Abendstunden waren sie in ganz Flörsheim zu hören. Schuld war der Alkohol – oder besser: Der Missbrauch hochprozentiger alkoholischer Getränke durch Jugendliche, vor allem durch junge Mädchen. «Ich habe dafür keine Erklärung», sagt Rot-Kreuz-Bereitschaftsleiter Franz-Josef Eckert, der bereits seit 31 Jahren die Einsätze der Helfer während des Fastnachtstreibens koordiniert. In diesem Jahr verzeichnete Eckert insgesamt 79 Einsätze, 18 Personen mussten ins Krankenhaus gefahren werden. «Wir haben fast alle Krankenhäuser in der Region angefahren», betont Eckert, der aufgrund der massiven Zahl von Alkohol-Opfern Verstärkung bei der Leitstelle in Hofheim anfordern musste.

32 Personen meldeten sich bei den Notärzten in der Hilfsstelle des Roten Kreuzes, die im neuen DRK-Vereinsheim am Höllweg eingerichtet war. Zum Vergleich: 2008 kamen gerade mal zwei Hilfesuchende zum DRK-Lazarett. Insgesamt waren die Helfer im Vorjahr 28 Mal im Einsatz.

«Sehr auffällig», findet Franz-Josef Eckert, dass die erste «Alkoholleiche» bereits gegen 14 Uhr auftauchte. Für ein 17 Jahre altes Mädchen aus Bingen war der Umzug gelaufen, bevor er überhaupt richtig begonnen hatte. Die übermäßig alkoholisierten Besucher kamen nicht nur aus Flörsheim, sondern unter anderem aus Rüsselsheim, Raunheim, Kelsterbach, Hofheim und Kelkheim. Brennpunkte der Einsätze seien der Parkplatz Eisenbahnstraße, der Rathenauplatz und der Platz vor der Gallus-Kirche gewesen, hieß es beim Roten Kreuz. Neben den «Alkohol-Leichen», die den Großteil der Einsätze ausmachten, mussten eine Platzwunde und vier Nasenbeinverletzungen behandelt werden. Die Helfer des Roten Kreuzes waren deshalb bis zirka 21.30 Uhr im Einsatz.

Die Flörsheimer Polizeistation hatte die Lage mit mehr als 50 Beamten im Griff. Bis auf einige kleinere Auseinandersetzungen – unter anderem gab es in der Grabenstraße, in der Nähe des Rathenauplatzes, wieder etliche Rangeleien und kurze Schlägereien – sei es relativ ruhig gewesen, erklärt der stellvertretende Dienststellenleiter Siegfried Ambros. Zwei dieser Schlägereien wurden zur Anzeige gebracht. Gegen 20 Uhr stellten die Beamten beim Opfer einer Körperverletzung in der Kirchgasse genau 2,1 Promille fest. Und ein 18 Jahre alter Flörsheimer wurde in Verwahrung genommen, weil er an der Gallus-Kirche getobt hatte. Ein 44 Jahre alter Mann aus Hattersheim übernachtete ebenfalls in der Polizeistation, nachdem er am Bahnübergang Wickerer Straße betrunken zusammengebrochen war. Einen schlafenden Achtzehnjährigen fanden Polizisten gegen 4 Uhr nachts in der Jahnstraße.

Auch die Polizei registriert eine zunehmende Zahl von Jugendlichen, die sich dem so genannten Koma-Saufen hingibt. Vor allem junge Mädchen im Alter ab 14, 15 Jahren würden dabei mitmachen. Dies habe es in früheren Jahren so nicht gegeben, erläuterte Stationsleiter Edgar Kersting. Eine Erklärung für dieses Verhalten bei den jungen Frauen hatte der erfahrene Polizist: «Die Mentalität hat sich einfach geändert.» Alkohol im Übermaß gehöre heutzutage einfach zum «Programm». Und wo es früher schon im Elternhaus verpönt war zu trinken, da gibt es heute oft keine Hemmungen mehr, weil sich viele Erziehungsberechtigten beim Thema Alkohol ihren Sprösslingen gegenüber mehr als tolerant zeigten. Zudem unterschätzten vor allem viele jungen Mädchen die negativen Auswirkungen von Hochprozentigem, so Kersting. Gleichwohl werde die Tatsache, dass Frauen aufgrund ihrer körperlichen Konstitution nicht so viel Alkohol wie Männer vertragen, ignoriert.

Übrigens. Laut Edgar Kersting wurden 13 Fahrzeuge abgeschleppt, weil sie die Rettungswege blockierten. Diese Autos wurden am Urbanusplatz «zwischen geparkt». Für die Besitzer der Autos wird das ein teurer Spaß. sas/meh

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Nach dem Umzug: Fast die ganze Bandbreite an Alkoholika, die gerne von Jugendlichen konsumiert wird, zeigt dieses Bild. Foto: fz

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