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Leitplanke bremst Rettungswagen

hk echo

Rüsselsheimer Echo, 17. April 2003, www.echo-online.de

 

Notfallzufahrt: Behörden machen Weg zur Autobahn ohne Rücksprache mit dem DRK einfach dicht

FLÖRSHEIM. Sie sind angetreten, Verletzten zu helfen und Menschenleben zu retten. Sie opfern einen großen Teil ihrer Freizeit für den aktiven Dienst beim Roten Kreuz. Sie haben eine Sondereinsatzgruppe (SEG) gegründet, die technische Ausstattung ist beispielhaft und die Arbeit des Flörsheimer Roten Kreuzes über die Grenzen der Stadt anerkannt. Doch Behördenwillkür sorgt derzeit für Frust und kann für Unfallopfer lebensgefährlich werden. Denn eine langjährige Rettungszufahrt, die kurze Wege auf die Autobahn A 3 ermöglicht, steht plötzlich nicht mehr zur Verfügung. 

Es ist der 4. April 2003 um 22.44 Uhr, als in der DRK-Station in Flörsheim der Notruf der Leitstelle Main-Taunus eingeht. Gemeldet wird ein medizinischer Notfall auf dem Autobahnparkplatz kurz vor dem Wiesbadener Kreuz. Sie sollen über die Behelfsauffahrt an der Autobahn zur Unfallstelle fahren, teilt ihnen die Rettungsleitstelle mit. Rettungssanitäter Friedhelm Litzinger macht sich mit einem Kollegen auf den Weg. Durch die Grabenstraße, die Hochheimer Straße, die Bahnhofstraße und die Eddersheimer Straße geht es Richtung Behelfsauffahrt. Doch dann macht der Fahrer des Rettungswagens eine Vollbremsung. Eine Leitplanke versperrt den Weg auf die Autobahn und verhindert schnelle Hilfe.

Gut, dass Litzinger die Örtlichkeiten kennt. Durch Eddersheim geht es über den dortigen Bahnübergang - der gottseidank gerade offen ist - weiter nach Weilbach, quer durch den Ort und am Schützenhaus über einen asphaltierten Feldweg entlang der neuen ICE-Trasse. Litzinger weiß, dass eine Fußgängerbrücke über die Trasse gebaut wurde, die direkt zum Autobahnparkplatz führt. Sie ist breit genug, um mit einem Rettungswagen befahren zu werden. Mit erheblicher Verzögerung kommen die Rettungskräfte an der Einsatzstelle an. Die vom Rettungshilfegesetz vorgeschrieben zehn Minuten haben sie deutlich überschritten.

Das hätten sie auch, wenn sie die offiziell vorgegeben Strecke gefahren wären. Die führt durch Flörsheim, über die Mainbrücke Richtung Rüsselsheim, dann über die Umgehungsstraße nach Raunheim und von dort auf die Autobahn. Ein Umweg von mehreren Kilometern.

„Da hängen Leben dran“, zeigt sich Bereitschaftsführer Franz-Josef Eckert erbost, als er am Dienstag mit dem ECHO und einem Einsatzwagen vor der Leitplanke steht. Ohne vorher mit den Rettungsdiensten zu reden, hat die Autobahnmeisterei diese Leitplanke gesetzt. Sie soll verhindern, dass Autofahrer, vor allem aus Eddersheim, die Behelfsabfahrt und die Auffahrt auf die 3 illegal benutzen, was in den vergangenen Monaten permanent passierte. Doch sie verhindert auch schnelle Hilfe. Erleidet ein Autofahrer eine Herzattacke, kann der Umweg der Retter für ihn tödlich sein.

Eckert verweist darauf, gerade die viel befahrene A 3 sei ständig Einsatzort des Flörsheimer Roten Kreuzes. Auch der DRK-Kreisverband, der in Flörsheim ein Fahrzeug stationiert hat, nutzte bisher diese Auffahrt bei Einsätzen. Der Bereitschaftsführer erinnert an den Dezember 2002, als es nach Blitzeis im Minutenabstand auf der Autobahn krachte. Für die Helfer war die Auf- und Abfahrt bei Eddersheim der schnellste Weg, in diesem Chaos Hilfe zu leisten.

Eckert erinnert auch an eine Vereinbarung, die 1995 mit dem Hessischen Straßenbauamt geschlossen wurde. Um die vom Landesgesetz vorgeschriebene Hilfsfrist von zehn Minuten einhalten zu können, wurde dem DRK ausdrücklich die Benutzung der Behelfszufahrten gestattet. In den vergangenen Jahren stellte dies kein Problem dar, weil während der Bauarbeiten zur ICE-Trasse diese Abfahrten auch von Baufahrzeugen genutzt wurden und deshalb ohnehin offen waren. Davor gab es versenkbare Poller, die nur mit einem Spezialschlüssel zu öffnen waren. Davon lag in jedem Rettungswagen ein Exemplar.

Nach dem Ende der Bauarbeiten an der ICE-Trasse wurden erneut versenkbare Poller eingesetzt, diesmal jedoch zu öffnen mit einem normalen Vierkantschlüssel, wie er in jedem Baumarkt zu bekommen ist. Ergo statteten sich zahlreiche Autofahrer mit diesen Schlüsseln aus und nutzten die Auf- und Abfahrt von und zur Autobahn illegal. Das Straßenbauamt griff zur Radikalmaßnahme mit der Leitplanke, ohne jedoch die Belange der Rettungsdienste zu berücksichtigen.

Eckert fragt nun, warum nicht wieder die Poller von damals eingebaut wurden, die einen Spezialschlüssel benötigen.

Er erwartet von den Behörden, dass sie schnell handeln und die Rettungszufahrt wieder ermöglichen. Zu einem Unfall oder zu einer gefährlichen Situation mit Rettungsfahrzeugen sei es nämlich in den vergangenen 25 Jahren an dieser Stelle noch nie gekommen.

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